Der Grabungsleiter der Stadtarchäologie Hagen, Wolfgang Heuschen, zeigt auf die neue Feuerstelle auf dem Höhlenvorplatz. (Foto: Prof. Dr. Michael Baales/LWL Außenstelle Olpe)

Blätterhöhle: Ausgrabungskampagne 2022 bringt spannende Funde hervor

2. Februar 2023 – Eine Feuerstelle, menschliche Überreste und der Kiefer eines Tieres: Die Ausgrabungen an der Blätterhöhle in Hagen-Holthausen brachten im vergangenen Jahr spektakuläre Funde hervor. Bis in den Dezember dauerten die Ausgrabungs- und Nacharbeiten der Grabungskampagne 2022 an der Blätterhöhle an. Der Grabungsleiter der Stadtarchäologie Hagen, Wolfgang Heuschen, sowie der studentische Volontär der LWL-Archäologie für Westfalen der Außenstelle Olpe, Florian Gumboldt, arbeiteten bis zuletzt im Gelände.


Flutschäden beeinflussen Arbeiten vor der Höhle

Während die Untersuchung und die Dokumentation der neuen Ausgrabungsfläche auf dem Vorplatz der Blätterhöhle bereits abgeschlossen waren, dauerten die Arbeiten in der Höhle noch bis in den November an. Grund dafür war die Beseitigung der durch das Starkregenereignis 2021 hervorgerufenen Flutschäden. Die Wassermassen hatten zu Schäden an den Grabungsprofilen geführt, die das Forschungsteam durch langwierige Grabungs- und Sicherungsmaßnahmen zunächst beheben musste. Trotz teils spektakulärer Forschungsergebnisse ist eine mögliche Fortführung der Arbeiten an der Fundstelle vor der Höhle derzeit noch ungewiss.


In der letzten Grabungskampagne erweiterten die Forscherinnen und Forscher die Fläche auf dem Vorplatz der Blätterhöhle. Vor allem für die Erforschung der tiefergelegenen, eiszeitlichen Schichten des Fundplatzes ließ die vorherige Grabungsfläche keinen Spielraum mehr. In Zusammenarbeit mit der Fachfirma „Voigt GmbH – Garten- und Landschaftsbau aus Ennepetal“ wurden die archäologisch sterilen Decksedimente zu Beginn der Erweiterung abgetragen, sodass erste Untersuchungen im letzten Jahr wieder starten konnten.


Untersuchungen bringen Feuerstelle zu Tage

Zu den spannendsten Funden direkt während der ersten Ausgrabungen im Bereich der Erweiterungsfläche zählte ein Teil einer Feuerstelle. Ob sich das anhand der Schichtenfolge (Stratigraphie) vermutete mittelsteinzeitliche Alter bestätigt, soll eine in Auftrag gegebene 14C-Untersuchung von geborgenen Holzkohlen zeigen. Mit der 14C-Methode messen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Anteil gebundener radioaktiver Teile in abgestorbenen Organismen. Diese Zahl nimmt durch den Zerfall der Organismen im Laufe der Zeit ab und gibt zum Beispiel Aufschluss über den Zeitpunkt des Todes. Die Proben wurden nach einer holzanatomischen Bestimmung, bei der die Holzart festgestellt werden kann, ausgewählt. Die Ergebnisse dieser Proben zeigen, dass Hölzer von Eibe, Eiche und eines Kernobstgewächses vorliegen. Sie geben zum Teil Aufschluss darüber, welche Holzarten die damaligen Menschen zu verschiedenen Zwecken verwendeten. Die wenigen Feuersteinartefakte und Knochen aus dem direkten Umfeld der Feuerstelle geben derzeit keinen sicheren Hinweis auf eine Datierung.


Weitere Skelettteile in der Höhle gefunden

Im Inneren der Höhle gruben die Beteiligten in Folge der Flutschäden verschiedene Areale ab, damit diese nicht in naher Zukunft undokumentiert verstürzen können. Diese Arbeiten setzen sie in kommenden Grabungskampagnen fort. Bei den Ausgrabungen an weiteren jung- und mittelsteinzeitlichen Arealen stieß das Team auf spannende Funde wie Langknochen, Rippen, Wirbel, Hand- und Fußknochen sowie ein außergewöhnlich gut und vollständig erhaltenes Schulterblatt. Die menschlichen Überreste stammen in der Mehrzahl aus den Grabungen in der Höhle, eine Auswahl von ihnen befindet sich ebenfalls in der Datierung durch die 14C-Methode.


Zu den bisher spektakulärsten Funden gehört der Unterkiefer eines etwa zwei bis zweieinhalb Jahre alten Kindes, den die Forscherinnen und Forscher bereits 2021 in der Höhle entdeckten. Unter den tierischen Überresten befindet sich der bislang größte Unterkiefer eines Wolfes oder Hundes, den Expertinnen und Experten derzeit mittels einer DNA-Analyse genauer untersuchen.


Studierende unterstützen die Grabungsarbeiten

Studierende der Universität zu Köln und der Ruhr-Universität Bochum hatten erstmalig nach den Einschränkungen durch die Coronapandemie wieder die Möglichkeit, die Arbeiten in und an der Blätterhöhle zu unterstützen. Vor Ort konnten sie die Ausgrabungsmethode mittel- und altsteinzeitlicher Fundplätze erlernen oder ihre Erfahrungen darin vertiefen. Darüber hinaus führte die ehemalige studentische Volontärin der LWL Außenstelle Olpe, Annika Manz, die Erfassung sämtlicher Höhlenfunde in einer umfassenden Datenbank fort.


Um zukünftige Forschungen an der Blätterhöhle weiterhin sicherstellen zu können, war die Stadt Hagen zuletzt auf die Zuweisung von Fördergeldern aus dem Denkmalförderprogramm des Landes NRW angewiesen. In den letzten Jahren ließen sich hierdurch zum Beispiel die Kosten für einen fachlich qualifizierten Grabungsleiter, die Beschaffung von Materialien und Ausstattung sowie die Beauftragung einer Fachfirma für die Erweiterung des Grabungsareals abdecken. Die weitere Förderung aus dem Denkmalförderprogramm für das Jahr 2023 ist nach aktuellem Stand sehr unsicher. Grund dafür ist die geringere Gesamtsumme, die das Land NRW 2023 für archäologische Projekte zur Verfügung stellt. Ob zumindest ein kleinerer Förderbetrag für das Projekt Blätterhöhle an die Stadt Hagen mit ihrem Status als Stadtarchäologie ausgezahlt werden kann, ist noch nicht entschieden.