Vor allem im Umfeld des Hagener Hauptbahnhofs gibt es eine große Taubenpopulation. (Foto:Michael Kaub/Stadt Hagen)

Eindämmung der Taubenpopulation: Stadt Hagen setzt Medikament „Ovistop“ ein

3. Mai 2024 – Um gegen die unkontrollierte Vermehrung von Stadttauben vorzugehen, setzt die Stadt Hagen seit Mitte April das Medikament „Ovistop“ am Taubenturm im Bahnhofsumfeld ein. Die Taubenpille wird über Futtermais verabreicht und sorgt für eine temporäre Unfruchtbarkeit der Tiere. Damit die Tiere nicht vor der Fütterung mit dem präparierten Futter gesättigt sind, bittet die Stadt Hagen alle Bürgerinnen und Bürger darum, die Tiere nicht eigenständig zu füttern.


Die rund 1.800 Stadttauben in Hagen führen immer wieder zu Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern sowie Geschäftsleuten, die sich belästigt und in ihrer Gesundheit sowie Arbeit gefährdet sehen. Die Tauben hinterlassen stellenweise viel Kot und verschmutzen beispielsweise Balkone und Gehwege, zudem laufen sie in Geschäfte hinein. Im Umfeld des Bahnhofs hat sich ein Schwarm von etwa 600 bis 700 Tauben niedergelassen. Hier steht seit Jahrzehnten ein Taubenturm, der jedoch nur Platz für 24 Taubenpaare hat. Ein Taubenturm beziehungsweise Taubenschlag bindet die Tiere an den Ort, sodass sie sich hauptsächlich in der Nähe des Schlages aufhalten. Mitarbeitende des Tierschutzvereins Hagen und Umgebung e.V. und der Tiernothilfe Hagen e.V. füttern die Tauben kontrolliert und tauschen täglich die gelegten Eier gegen Gipseier aus, um eine weitere Vermehrung der Tiere zu verhindern. Der Großteil des Schwarmes brütet jedoch in der näheren Umgebung, beispielsweise in privaten, offenstehenden Dachböden, Nischen, Balkonen und leerstehenden Gebäuden. Diese Nester sind vollständig unzugänglich, sodass dort keine Eier ausgetauscht werden können und sich der Schwarm weiter vermehrt. Aktuell ist kein Standort zur Aufstellung eines betreuten größeren Taubenschlags vorhanden, ebenso sind die Tauben an ihre aktuellen Brutplätze gebunden.


Stadt verabreicht „Ovistop“ in Zusammenarbeit mit Deutscher Bahn

Begleitet von einer betreuenden Tierärztin des Unternehmens „Tierschutzkonforme Kontrolle von Stadttauben“ (TKK Stadttauben) erhalten die Tauben am Taubenturm seit Mitte April das Medikament „Ovistop“ über das Futter, mit dem sie fünf Tage in der Woche gefüttert werden. Das Projekt findet in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn statt, die neben der Finanzierung des Futtermittels auch einen Raum zur Lagerung des Futters, das den Wirkstoff der Taubenpille enthält, zur Verfügung stellt.


„Ovistop“ ohne weitere negative Nebenwirkungen

Der Wirkstoff wurde ursprünglich als Medikament gegen einzellige Darmparasiten entwickelt. Als Nebenwirkung tritt eine instabile Membran zwischen Eidotter und Eiweiß auf, wodurch die Entwicklung eines Embryos verhindert wird. Die Taube kann sich somit nicht mehr fortpflanzen. Das Medikament ist bereits seit 2002 in Italien sowie zahlreichen weiteren EU-Ländern im Einsatz und darf seit Anfang 2022 auch in Deutschland eingesetzt werden. Negative Nebenwirkungen bei Tauben, die mit „Ovistop“ behandelt wurden, sind nicht bekannt. Ebenso sind keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen auf andere (Wild-)Tiere und Beeinträchtigungen ihrer Fortpflanzungsfähigkeit aufgetreten. Im ersten Jahr der kontrollierten Behandlung der Tauben mit „Ovistop“ kann in der Regel eine Reduzierung der Population von bis zu 15 bis 20 Prozent erreicht werden, im dritten bis vierten Jahr ist eine Reduzierung der Ausgangspopulation von rund 70 bis 80 Prozent möglich. So entsteht innerhalb kurzer Zeit eine kleinere, gesündere Population.


Hohe Anpassungsfähigkeit der Stadttauben

Verwilderte Haustauben (Stadttauben) gehören zum Bild nahezu jeder europäischen Stadt. Sie stammen ursprünglich von der Felsentaube, der Wildform, ab, deren natürlicher Lebensraum an felsigen Abhängen und Steilkanten zu finden ist. Durch die Domestizierung der Felsentaube vor mehreren hundert Jahren sowie die gezielte züchterische Auswahl entstand zunächst die Haustaube, die sich dem menschlichen Umfeld mit seinen steinernen Hausfronten optimal angepasst hat. Ein Teil dieser Tauben verließ das menschliche Umfeld und verwilderte in dessen Siedlungsumgebung. Dieser Vorgang fand und findet noch heute an vielen Orten parallel statt. Die in den vergangenen Jahrzehnten besonders in den Ballungsräumen beliebt gewordene Brieftaubenzucht sorgte dafür, dass überzählig gezüchtete Tiere die Enge der Schläge verließen oder Brieftauben auf ihren Flügen den heimatlichen Schlag nicht mehr erreichten und sich den Schwärmen der Stadttauben anschlossen. Diese Tauben sind am einheitlichen Körperbau und an der nahezu identischen Färbung leicht zu erkennen. Bei Stadttauben handelt es sich daher um wieder verwilderte Haustiere, die sich dem menschlichen Umfeld anpassen können.


Hinweise auf Tierquälereien bei der Stadt melden

Insbesondere am Taubenturm kommt es immer wieder zu mutwilligen Verletzungen und Tötungen der Tauben, die durch die regelmäßige Versorgung sehr zutraulich sind. Die Fälle werden zur Anzeige gebracht. Hinweise können Bürgerinnen und Bürger bei der unteren Tierschutzbehörde der Stadt Hagen, Dr. Andrea Piepenbrink, unter Telefon 02331/207-2575 oder per E-Mail an umweltamt@stadt-hagen.de melden.