Ernst-Meister-Preis

Die Preisträger 2011

Marion Poschmann

Der Hauptpreis 2011 geht an die Berliner Autorin Marion Poschmann für ihren Lyrikband „Geistersehen“ Suhrkamp 2010. Die Jury zeichnete die Autorin aus für die „sinnliche Präsenz ihrer Gedichte und die ausgewogene Balance von Aura und Verständlichkeit. Poschmann gelingt mit ihrer Lyrik der Spagat zwischen Lässigkeit und Radikalität, in ihren Texten zeigt sich die hohe Kunst der Identität von Dichten und Denken.“


Marion Poschmann wurde 1969 in Essen geboren. Sie studierte Germanistik, Philosophie und Slawistik in Bonn und Berlin. Sie ist Mitglied im P.E.N.-Zentrum Deutschland und lebt in Berlin.


Poschmann ist Trägerin zahlreicher Literaturpreise, so erhielt sie in 2011 den renommierten Peter Huchel-Preis, den Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen 2007 und den Literaturpreis Ruhr 2005. Bisher sind von ihr die Lyrikbände „Verschlossene Kammern", Lüneburg 2002" und „Grund zu Schafen“, Frankfurter Verlagsanstalt ,2004, erschienen. Prosa veröffentlichte sie in "Baden bei Gewitter“, Frankfurter Verlagsanstalt, 2002 , mit dem „Schwarzweißroman“, 2005, und der „Hundenovelle“, 2008.


aus: Geistersehen, Gedichte

in der Fußgängerzone kam Wind auf
wie immer Wind aufkommt bei der Suche
nach jenem richtigen Ort der sich stets
weit entfernt zeigt, die Abfallpapiere
am Boden verrutschten, mein Mantel
flatterte, und, als wäre dies schon ein Grund
mich selbst zu den Dingen zu zählen
als wäre dies schon ein Grund
blieb ich ungefragt stehen

Daniela Seel

Der Thalia-Förderpreis wird der Lyrikerin und Verlegerin Daniela Seel zuerkannt. Seel, Jahrgang 1974, lebt in Berlin, wo sie 2003 den Verlag kookbooks – Labor für Poesie und Lebensform gründete. Ihre Gedichte wurden mit dem Friedrich-Hölderlin-Förderpreis 2011 ausgezeichnet. Ihr erster Gedichtband „ich kann diese stelle nicht wiederfinden“ erschien 2011. Die Ernst Meister – Jury zeichnete ihre Texte aus für die beeindruckende Mischung aus Sensibilität, Zartheit, Verletzlichkeit und gleichzeitiger Härte.


„Mit dem Thalia Förderpreis möchten wir deutschsprachige Autorinnen und Autoren würdigen, die sich durch Experimentierfreude und große Aufmerksamkeit im Umgang mit Sprache auszeichnen. Deswegen freuen wir uns sehr, den Thalia Förderpreis in diesem Jahr an Daniela Seel vergeben zu können, “so Mirjam Berle, Unternehmenssprecherin Thalia


Gedicht

abstoßung.kippeln.tasten. kontakt. ich hatte
meinen einsatz verpasst. das schubsen
kam vor dem wechsel von anschauen zu
angeschautwerden. richtig. es klickt. jeder braucht
einen pullover. eine präzis beschädigte zelle.
druckstellen. chirugie. wie das zufließt, abfließt.
zufließt. dabei wollte ich nur die oberfläche
ihres körpers betrachten, diese anmut von
automaten. ein winziger käfig um jede bewegung.
erregend. sie können das so oder so ausfüllen.
hoppeln.ärmeln. kontrakt. dann zurück zum
ponyhof, proviant holen. daumen hoch. klick.

Jan Skudlarek

Der Westfälische Förderpreis geht an den in Münster lebenden Autor Jan Skudlarek. Skudlarek erhält den Förderpreis für den lässig-humorvollen Ton seiner Texte, die durch den Sound der Gegenwärtigkeit bestechen.


Skudlarek, 1986 in Hamm geboren, ist Preisträger des Literaturförderpreises der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit und war Finalist beim 18. Open Mike der Literaturwerkstatt Berlin sowie des Literarischen März 2011 in Darmstadt.


aus: zwei/puppenspieler auf der Suche, 9 Gedichte

digitaler frühling, die bäume verblühen ihr
neon nicht zum ersten mal. tiere bringen
klingeltöne unters volk, stoßatem im april
und hagelkörner


groß wie ostereier
(die vergleiche der meteorologen gleiten
zunehmend ab ins mythologische). nach
dem schauer kurzes trauern


um den lack der pkw, kleine krater, in
denen sich von nun an regen sammeln
wird. doch die show, sie must go on. zur
beruhigung konzentrieren wir uns auf das


selbstzufriedene surren
der bierkühlschränke in den kiosken und
dönerbuden; es ist ein leicht meditatives
geräusch, soundtrack für verhagelte lagen


im frühjahr. wir hören uns zum glück
nicht häufig satt. meine adams-augen sind
leuchtreklamen und du bist mein strom
ausfall.

Die Preisträger 2008

Monika Rinck

Der Kulturpreis der Stadt Hagen geht in diesem Jahr an die 1969 geborene Berliner Autorin Monika Rinck.


Die Autorin wurde ausgezeichnet für ihren Lyrikband „zum fernbleiben der umarmung“ der 2007 beim Verlag kookbook, Idstein erschien.


In der Begründung der Jury heißt es: „Monika Rinck beherrscht den unprätentiösen, leichtfüßigen, schwerelosen und lakonisch-ironischen Ton. Beobachtungen des Alltäglichen und Hochreflexives stehen in den behandelten Themen direkt und mühelos nebeneinander. Mit ihrem dezidiert zeitgenössischen urbanen Gestus ist sie eine typische Vertreterin der Postmoderne.“


Neben dem soeben ausgezeichneten Gedichtband veröffentlichte Monika Rinck u.a. 2006 den Essay „AH, DAS LOVE-DING“ sowie den Lyrikband „Verzückte Distanzen“, zu Klampen Verlag, 2004.


Monika Rinck studierte Religionswissenschaft, Geschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft in Bochum, Berlin und Yale und lebt heute als Autorin in Berlin.


teenage winter again

im winter in new haven auf einer bank am big green,
stunden umstellt von kirchen, wieso froren wir nicht,
wir froren ja doch, diese sehnsucht nach süden,
und wie überaus klar hingegen das einverständnis,
dass das gar nicht geht. die temperatur, die kühle
wirkte so auf uns, wie sie auf tiere wirken müsste -
etwas anderes als sie ließ sich schon nicht mehr denken.
weil wir aber menschen waren, dachten wir: melancholie.
damit hatten wir recht, hatten wir wieder einmal verloren.



was der hund sieht

was der hund sieht, wenn der hund mich sieht.
der hund sieht mich als die tapete seines napfs.
ich bin aus reizsamt, bin blümchenbildend und allein.
der hund leckt mich sauber aus, und schon bin ich satt.
später begegne ich dem hund als spur von rache,
die man riechen kann, und rache riecht kacke.
ich hau ihm eins über. konvex und betröppelt lahmt
der verprügelte hund zum ewigen frieden, oder wie
heißt das, wo haushaltsgeräte zum sterben hingehn.



Ulrike Almut Sandig

Einer der zwei Förderpreise geht an die junge, 1979 geborene Leipziger Autorin Ulrike Almut Sandig, die bereits zwei Lyrikbände publiziert hat.


Nach dem Studium der Journalistik, Religionswissenschaft und Indologie (u.a. in Frankreich und Indien) studierte Ulrike Almut Sandig am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Sie debütierte 2005 beim Leipziger Verlag Connewitzer Verlagsbuchhandlung mit dem Gedichtband Zunder. 2006 wurde sie mit dem Lyrikpreis Meran und dem Hertha-König-Förderpreis ausgezeichnet. 2007 schrieb sie in Ahrenshoop und in Sydney (Australien) an ihrem zweiten Gedichtband, der Streumen heißt.


Sandig verfasst Lyrik, Prosa und Kritik, die in verschiedenen Anthologien und Literaturzeitschriften veröffentlicht wurden. Seit 2007 ist sie Redakteurin der Literaturzeitschrift EDIT.


war himmel, war boden, wir beide darauf,
dazwischen flogen die vögel im schwarm,
hoben auf, was uns festhielt, und senkten
sich wieder, hielt einer den abstand zum
anderen ein und lenkte unsere augen auf
sich: wob jeder an maschen aus eigenen
federn, zog seinen teil eines netzes herauf,
zu schützen uns vorm fall in den himmel,
der dunkelgrau war, weit weg und so starr.

Mirco Bonné

Die zweite Förderpreis geht an den in Hamburg lebenden Autor Mirco Bonné.


Bonné, 1965 in Tegernsee geboren, der auch als Übersetzer aus dem Englischen arbeitet, hat soeben in 2008 brandaktuell den Gedichtband „Die Republik der Silberfische“ publiziert. Er erhielt bereits zahlreiche Stipendien und Förderpreise. Eine Hommage an Westfalen, mit dem der Autor familiär verbunden ist, veröffentlichte der Autor in der Wochenzeitschrift „Der Freitag“, „Allerliebst coquetter Bogen, Einmal die Ruhr“ entlang


Blitzchen

Jetzt setz dich und stirb, Mücke, die Tage sind kurz,
lande noch einmal mit dünnen Gelenken, die Wand
im Licht hält dich warm. Lebe, Blutsperling, trink,
Fühler getaucht in den Eimer mit rotem Wasser,
abgespült alles Tote aus dem Spätsommerkrieg.
Hier, feuchte Hand, vorbei, Dauerregen, vorüber,
Flutkatastrophe, die dich aus Böhmen mitbrachte,
weggerissen, Häuser, Wasserlinie im Wohnzimmer,
süße Männermatratzen. Blitzchen, so ist der Tod.

Die Preisträger 2005

Jan Wagner

Jan Wagner, 1971 in Hamburg geborgen, lebt und arbeitet heute in Berlin. Er studierte Anglistik und Amerikanistik und ist Übersetzer englischsprachiger Lyrik, freier Lyrikkritiker sowie bis 2003 Mitherausgeber der internationalen Lyrikschachtel Die Außenseite des Elements.


Neben Veröffentlichungen in Anthologien und Zeitschriften erschienen 2001 die Gedichtbände Probebohrung im Himmel und 2004 Guerickes Sperling im Berlin Verlag.


Für sein Werk erhielt er mehrere Preise, darunter den Förderpreis zum Hermann-Hesse-Literaturpreis (2001), der Literatur-Förderpreis der Stadt Hamburg (2001), den Förderpreis zum Lyrikpreis Meran (2004) und den Anna-Seghers-Preis (2004).


achtzehn pasteten

„Zum Mittagessen zu Sir W. Penn, der heute seinen Hochzeitstag feierte. Neben einer vorzüglichen Rinderlende und anderen Köstlichkeiten stand auch eine Platte mit 18 Pasteten auf dem Tisch, entsprechend der Zahl der Jahre, die er verheiratet ist.“
- Samuel Pepys, Tagebücher -


„Es läßt sich alles Ersinnliche zu Pasteten verwenden, und in der Zusammensetzung derselben kann ein braver Koch recht deutlich zeigen, daß er Einbildungskraft und Urteil besitzt.“
- Carl Friedrich von Rumohr, Geist der Kochkunst -


1
(Shephard’s Pie)

schafe sind wolken, die den boden lieben.
der schäfer liebt marie, streut nüsse auf
den hang, souffliert die drei berühmten worte.
die herde blökt, frißt sie als weiße schrift
aufs tafelgrün. dahinter springt der punkt,
der hirtenhund. am grund des tales zieht
man abendschatten vor die fenster. sieht
den hang nicht und die hügel, nicht die wolken.
wolken, die schafe sind, vom wind getrieben.


aus Jan Wagner: Achtzehn Pasteten und andere Gedichte


Jan Wagner anläßlich der Verleihung des Ernst Meister-Preises am 18.11.2005 im Karl Ernst Osthaus Museum Hagen


Schwarze Schafe

Über Ernst Meister

Wo in Berlin die Oranienstraße auf die kleinere, aber kaum weniger belebte Adalbertstraße trifft, gleich gegenüber von einem prallen, bis auf den Gehweg blühenden und wuchernden Blumenladen und unweit der Geburtsstätte des Döner Kebab, findet man das gut sortierte Antiquariat Kalligramm, benannt nach Guillaume Apollinaires berühmten Figurengedichten. Ohne Übertreibung läßt sich sagen, daß ich in dieser Buchhandlung, seit ich vor zehn Jahren erstmals in den Stadtteil Kreuzberg zog, fast ein Drittel meines derzeitigen Regalbestandes erworben habe. Dazu gehört zweifellos auch jener schmale Band aus dem Luchterhand Verlag, der noch in der längst verblaßten Währung des letzten Jahrhunderts ausgezeichnet ist und ausgewählte Gedichte Ernst Meisters mit einem Nachwort von Beda Allemann enthält.


Wer ein Antiquariat nach dem Stöbern mit einem Buch unterm Arm verläßt, hat ja nicht nur einen Autor und sein Werk erworben, sondern auch einen oder gleich mehrere Leser samt ihrer Lesart des Buches – eine ganze Vorgeschichte, die sich in Kaffeeflecken und Eselsohren, aber auch in Kommentaren und Unterstreichungen äußert. Mit einem Wort: Die Zahl der Botschaften, die von diesem einen Buch ausgeht, hat sich vervielfacht. „Das Salz der See/ kann nicht dumm werden“, lese ich also jetzt in den Ausgewählten Gedichten und weiß nicht, ob die Zeilen von meinem Bleistift so dünn akzentuiert wurden – oder ob es sich um einen Hinweis des Vorbesitzers handelt. Eine ganze Reihe solcher Markierungen gibt es, mal diskret, mal vehementer. Ich blättere weiter, stoße auf Meisters Zeilen über „den Tod, der jedem/ Gegend ist,/ in die er eingeborn/ (niemand, der nicht von hier)“, bin mir fast sicher, damals selbst die Linien unter den Worten gezogen zu haben, und finde schließlich, wenige Seiten später, ein Gedicht, das fast vollständig mit einem feinen Rahmen versehen, gleichsam höher gehängt ist. „Ein Kind“ heißt es und stammt ursprünglich aus dem Band Lichtes Labyrinth, den Meister 1960 veröffentlichte:


Ein Kind

Blickt auf die Schale
voll Zeit,
sieht nippen
den grauen großmächtigen
Schmetterling,


ein Kind,
und geht,
schwarze Schafe zu hüten
im Finstern.


Bilder sind das, in denen man einen Traum wiederzuerkennen glaubt. Dabei entspricht das Zurückgenommene in der Schilderung des Tableaus, die Sparsamkeit der Zeilen, dem ruhigen Ablauf der Dinge. Alles geht en passant und mit großer Folgerichtigkeit vor sich. Und vielleicht ist es ja gerade die Tatsache, daß alles in diesen Zeilen die Beunruhigung des Lesers zu ignorieren scheint, die ihre Wirkung ausmacht. Daß der graue Schmetterling ohne alle Eile nippt, macht ihn schier riesenhaft, wenn auch über seine tatsächliche Größe nichts gesagt wird, und das Idyll wirkt nur um so verstörender – denn es kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Inhalt der Schale, die auch uns gehört, zur Neige gehen wird. Ein Kind aber – vielleicht ist es das Kind – geht Schafe hüten, und wir, die wir durch das Kind anwesend sind, gehen mit.


Kind, Hirte, Herde: Das sind natürlich Motive – mit starkem religiösen Beiklang noch dazu – denen man in den Gedichten Meisters immer wieder begegnen kann. Die „Hirtin“ des gleichnamigen Gedichts aus dem Band Pythiusa ruft in einer rührenden Groteske nicht nur die lebenden Tiere zu sich – man sieht „in dem Strahlen/ einer Liliensonne“ auch die Lammskelette der geschlachteten neben den warmen Leibern herziehen. In der darauffolgenden Sammlung Zahlen und Figuren heißt es „Ich war eine Herde/ und rupfte Erfahrung“, und ein anderes Gedicht geht noch weiter: Unter dem Titel „Das Ich“ lesen wir „Das Ich dünkte sich/ Hirte und Hund und/ wandernde Herde zugleich“. Man wird diese Passagen in dem späteren Gedicht, das „Ein Kind“ heißt, mitlesen können wie auf einem mehrmals beschriebenen Pergamentstück, einem Palimpsest – nicht zu vergessen den Titel von Meisters erstem Buch nach Krieg und langem Schweigen, der sehr schmalen Sammlung Unterm schwarzen Schafspelz, die 1953 in der Eremitenpresse erschien.


Zugleich sind all diese Motive durch und durch klassisch und öffnen einen weiten Echoraum in der Literaturgeschichte. Man kommt kaum umhin, an die alte Schäferdichtung zu denken, wenn sich auch der sehnsüchtige bukolische Seufzer nicht einstellen will – denn die sich leerende Schale, der traumgraue Schmetterling oder auch die possierlich mahnenden Lammskelette machen Meisters Hirtenlyrik vor allem zu einer Variation auf das „Et in arcadia ego“ in seiner ursprünglichen Bedeutung. Derzufolge ist es kein Schäfer, der die Worte äußert, sondern der Tod, um zu sagen: Selbst hier in Arkadien bin ich, auch hier führt kein Weg an mir vorbei.


Erstaunlicherweise sind es gerade die scheinbar willkürlichen Unterstreichungen in den Ausgewählten Gedichten, die beim Blättern den passenden Kommentar liefern, eben jene Verse, die als letzte vor dem Gedicht „Ein Kind“ markiert und dem „Tod, der jedem/ Gegend ist“, gewidmet sind. Dies ist ja die Landschaft, das Panorama, vor dem das Kind Schafe hüten geht, schwarze Schafe im Finstern, wie es so sonderbar und widersprüchlich heißt – denn was könnte aussichtsloser sein, als eine solche Herde unter diesen Umständen beieinander halten zu wollen? Vergeblichkeit, sogar eine existentielle Absurdität scheinen markant auf eine Formel gebracht – und doch muß man sich das Kind als glückliches vorstellen. „Schwarze Schafe zu hüten/ im Finstern“ – das ist ja vor allem ein großes Dennoch angesichts der sich leerenden Schale. Es ist der schöne Trotz, mit dem man beschließt, das Vergebliche zu wagen, vielleicht gar das Unvermeidliche als sinnstiftend zu begreifen. Das Hüten der Schafe schließt demnach viele, es schließt alle Handlungen ein.


Wenn der dünne Bleistiftrahmen allerdings von mir stammt, dann, wie ich vermute, weil ich mir beim ersten Lesen einbildete, die wunderbaren Schlußzeilen poetologisch lesen zu können. Schwarze Schafe im Finstern hüten – das schien mir immer auch ein Bild zu sein, in dem das Schreiben von Gedichten erfaßt ist: Die Worte, die nicht sichtbar, aber doch da sind, nach und nach zu ertasten, mit einem gewissen Quantum an Naivität und Dennoch eine Herde zu formen, die zunächst bloß in der Vorstellung existiert und deshalb dem einen oder anderen weder zähl- noch eßbar und deshalb sinnlos erscheint. Aber mit etwas Geduld hört man es eben doch dann und wann, wie eine Antwort, unerwartet vielleicht und beglückend, dieses leise Blöken im Dunkel.



Laudatio auf den Hauptpreisträger des Ernst Meister-Preises Jan Wagner von Anne Linsel am 18.11.2005 im Karl Ernst Osthaus Museum Hagen

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Jan Wagner:

Die Lyrikerin Rose Ausländer hat mir einmal auf die Frage „wie ein Gedicht entsteht“ geantwortet : „die Gedichte kommen zu mir“ – verzeihen Sie, Jan Wagner, dass ich als erstes in einer Laudatio auf Sie eine große Kollegin zitiere. Aber ich kam darauf, weil ich in einem der vielen Zeitungsartikel über Sie und Ihre Gedichte las, dass Sie gesagt haben, man könne sich nicht einfach hinsetzen und ein Gedicht schreiben wollen – sondern, das „Gedicht muss sich anmelden.“ Also, wie Rose Ausländer sagt, „zu Ihnen kommen“ – Das wiederum heißt: Sie müssen aufmerksam sein, Tag und Nacht, Sie müssen bereit sein für das Anmelden, Anklopfen, sie müssen mit allen Sinnen - sehen , hören, fühlen - , die Welt wahrnehmen, um sie, die Welt, dann mit Ihren Versen versuchen, zu begreifen, zu erklären. Das ist ein langer Prozess, wie Sie heute morgen im Westdeutschen Rundfunk gesagt haben – man trägt , so sagten Sie, alles lange mit sich herum, bevor „es“ , das Gedicht, in seiner kunstvollen Form fertig gefeilt ist. Dieser Prozess des Fertigens gerade von Gedichten, des Feilens an Worten, am Klang und Rhythmus der Sprache, erinnert an andere Kunstformen, an die Bildhauerei, an Skulpturen, die immer wieder bis zur endgültigen Form abgeschleift und behauen werden oder auch an die Arbeit des Komponisten.


In der Begründung der Jury - für die ich spreche – heißt es : „ Jan Wagners Gedichte zeichnen ein hohes Gespür für das poetische Detail aus. Ihre Genauigkeit und Eigenart in der Verarbeitung des Sichtbaren öffnet Vorstellungsräume, aber auch historische Räume.“ Wahrnehmung und Verarbeitung des Sichtbaren : Jan Wagners Themen sind Beschreibungen von Natur und Jahreszeiten, von Kunsterfahrungen, häufig Mitbringsel von Reisen nach Italien zum Beispiel, nach London oder Amerika, sind auch Beschreibungen von historischen Personen und Ereignissen, ob es Störtebeker ist oder Kolumbus oder Otto von Guericke, der ein physikalisches Experiment machte mit einem in einer Glaskugel eingeschlossenen Vogel und einer Vakuumpumpe.


Bei all diesen Themen überrascht der Blick des Lyrikers: „Alles liegt nah und findet seinen Maßstab/ im Auge des Betrachters“ heißt eine Gedichtzeile – Jan Wagner findet das Besondere nicht in den dramatischen Landschaften, den touristischen Attraktionen der Städte, den allzu bekannten Taten der historischen Figuren, sondern, er findet das Besondere, das Rätselhafte, das Geheimnisvolle im Nahen, im Alltäglichen. „Es lohnt sich“ , sagt Wagner , „nach dem Alltäglichen zu schauen“. Weil gerade die ganz einfachen Dinge im Alltag einen poetischen Reiz hätten. Daraus folgert: die Gedichte von Jan Wagner, in denen dieses Einfache und Alltägliche aufgehoben ist, haben – wie jedes wahre Kunstwerk - direkt etwas mit uns, mit dem Leben zu tun. Dass Jan Wagner sich bei seinen Gedichten traditioneller Versformen bedient, dass er reimt – das ist kein Widerspruch zur Gegenwärtigkeit und Lebensnähe, zum heutigen Lebensgefühl : häufig unterwandert er den Reim, bricht ihn ironisch, benutzt ihn also für ein höchst anspruchsvolles, auch unterhaltsames Spiel mit der Form. Auch seine Metaphern überraschen immer wieder, Idyllisches wird ebenso gebrochen wie der Reim, Schönheit und Schrecken stehen dicht beieinander, nichts ist eindeutig, und wenn es auf den ersten Blick so scheint, dann nimmt es sogleich eine neue Wendung – „am gelungensten sind Bilder, die man beim Lesen erstaunlich findet, die im nächsten Moment aber als die einzig natürliche Verbindung überhaupt einleuchten“, sagt Jan Wagner.


Die Gedichte öffnen „Vorstellungsräume“ , so heißt es in der Begründung der Jury – man könnte auch sagen: Erfahrungsräume, Räume für Fantasie, Räume für Utopie – wobei ich denke, Utopie ist wirklich nur in der Kunst wirksam und gut aufgehoben, nicht in der Politik, da ist sie eher gefährlich – „Vorstellungsräume“ also, oder anders und noch einfacher: Gedichte öffnen die Welt. Diese Welt eröffnet sich beim Lesen der Gedichte oder beim Hören. Oder beim lauten Lesen, was gerade beim Gedicht erhellend und das Verständnis fördernd ist. Für beides: lesen, laut oder leise und hören braucht man unbedingt bestimmte Voraussetzungen.


Wer von Ihnen in diesen Tagen in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf war oder in den nächsten Wochen dorthin geht, wird in der großen Matisse-Ausstellung wunderbare Gemälde zum Thema „Lesen“ sehen. Immer ist es ein geschlossener Raum, in dem sich die lesende Figur befindet, immer ist sie tief versenkt in das Buch, immer ist eine große innere und äußere Ruhe spürbar - Lesen hier ist eine doppelte Versenkung: in das Buch und in sich selbst. Zu dieser Versenkung und Verschmelzung braucht es den abgeschlossenen, schützenden Raum, die Stille, die absolute Konzentration und die Zeit, um lesend sich die Welt zu erschließen , zu entziffern, wie sie der Künstler darstellt. Ob im Roman oder im Gedicht.


Wie groß diese Konzentration, das Vergessen der Umwelt, der Außenwelt ist, zeigen die Bilder von Matisse: Ablenkung nämlich gäbe es genug für die lesende Figur – die Interieurs, allesamt von leuchtender Schönheit, weisen immer eine Öffnung zur Außenwelt auf: ein Fenster oder eine Tür. Heute stünde noch ein Fernseher oder ein Radio auf dem Schrank. Aber trotz der möglichen Ablenkung bleibt die Figur vollkommen eins mit dem Buch und sich selbst. Und wie zufrieden, gesammelt, ja glücklich sehen diese Lesenden aus!


Übrigens – auffällig ist, dass es in der Kunstgeschichte von den Niederländern des 17. Jahrhunderts bis heute- Matisse oder Picasso - nur lesende Frauen gibt. Und wer heute zu Lesungen geht, wird darin bestätigt – kaum ein Mann im Publikum. Sind Frauen klüger als Männer? Die verstecken bekanntlich ihren klugen Kopf hinter einer Zeitung – aber, glauben Sie mir, der Journalistin, Zeitung lesen allein macht nicht klug.


Meine Damen und Herren: Jan Wagner , 1971 in Hamburg geboren, lebt in Berlin, ist Anglist, Übersetzer angelsächsischer Lyrik, Literaturkritiker und Herausgeber von Gedichtanthologien. Sein erster Gedichtband unter dem Titel „Probebohrung im Himmel“ erschien 2001 und war ein erfolgreiches Debüt. Sein zweiter Gedichtband mit dem Titel „Guerickes Sperling“ erschien im vorigen Jahr und wurde bei der Kritik lobend aufgenommen. Wir haben uns diesem Lob angeschlossen und Sie, Jan Wagner, zum Preisträger des renommierten Ernst-Meister-Lyrikpreises erkoren. Wir wünschen Ihnen alles Gute und viele „Anmeldungen“ - von Gedichten natürlich. Und weil nach Paul Celan „ Gedichte Geschenke sind, Geschenke an die Aufmerksamen“ , lassen Sie uns dankbar sein für diese kostbaren Geschenke und aufmerksam zuhören, wenn Jan Wagner – und seine Förderpreiskollegen – in den nächsten Stunden ihre Gedichte vorlesen werden.


Vielen Dank fürs Zuhören.


Anne Linsel
Hagen 18. November 2005

Andreas Münzner

Andreas Münzner, 1967 in Mount Kisco/USA geboren, bei Zürich aufgewachsen, lebt heute als freier Schriftsteller und Übersetzer in Hamburg. Er ist Mitglied im Forum junger Autorinnen und Autoren in Hamburg.


Zu seinen Veröffentlichungen zählen u.a. die Romane Die Höhe der Alpen (2002) und Von wegen den Tieren (2004). 2005 erschien der Gedichtband Die Ordnung des Schnees.


Andreas Münzner erhielt den Literatur-Förderpreis der Stadt Hamburg (2000), den Hermann-Ganz-Preis des Schweizerischen Schriftstellerstiftung (2003), den Literaturförderpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung (2002) und den Irmgard-Heilmann-Preis der Schweizer Schiller-Stiftung (2003).


Eingriffe, die nötig sind

Ich werde die Fische vom Land wieder ins Wasser treiben ich werde den Bienen ihr Geheimnis ablauschen ich will der Sonne unterwegs Rätsel aufgeben die Berge müssen endlich in Ruhe schlafen können und die Schmetterlinge zwischenfallsloser reisen ich werde die Meere kitzeln bis sie sich schütteln vor Lachen mit alten Taschenlampen Glühwürmchen verführen und die Wälder erschrecken ich werde die Wale aus dem Konzept bringen wenn sie singen werde das Eis befragen ob es noch weiß wie es war als Wasser ich will eine wärmere Farbe für alles was wächst die Antilopen sollen besser auf ihre Ernährung achten und die Frösche endlich laufen lernen ich will die Erde wieder flach und die Menschen vergesslich einfach anders als die Steine die merken sich alles.

Nicolai Kobus

Nicolai Kobus, 1968 in Stadtlohn i.W. geboren, studierte in Münster Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie. Von 1993-1998 war er Redakteur und Mitherausgeber der Literaturzeitschrift ‚Chiffre‘. Er lebt seit 1999 in Hamburg und arbeitet dort als Lyriker, Literaturkritiker und Werbetexter.


Nicolai Kobus erhielt mehrere Auszeichnungen, u.a. den Wolfgang-Weyrauch-Preis Darmstadt (1999), Arbeitsstipendien des Künstlerdorfes Schöppingen (2001) und der Stiftung Kulturfonds (2002).


Veröffentlichungen (Auswahl):

  • „das wespennest“, im Jahrbuch der Lyrik 2006, hrsg. V. Christoph Buchwald und Norbert Hummelt, S. Fischer, Frankfurt a.M. 2005.
  • „ach anna. Seufzerkalendarium“, einmalige und auf 200 Exemplare limitierte Ausgabe mit CD-Beilage. Waidmann/Post, Braunschweig.
  • „im salz“, Langgedicht in: „cum grano salis“, Katalog zum Ausstellungsprojekt im Kloster Bentlage 2004, Kulturforum Rheine.
  • „stunden, die sich miteinander besprechen“, Brandes & Apsel, Frankfurt a.M. 1999.

prolog

in meinen lungen anna lungern luchse.
ein fauchen wie aus dunklem unterholz. entlang
der atemwege lagern sie sich an und mehren
sich beim rauchen.


katzen anna ganz besonders wilde wehren
sich zuerst nicht mit den tatzen sondern mit der
sprache ihres körpers: aufgebäumter rücken
und die brust gebläht zum panzer. aufgestellte
nackenhaare rittersporn im unterholz. ganz
bewußt ein flacher atem weil alles andre stören
würde im verdeckten lauern auf den andren
körper.


anna. sowas fällt mir manchmal ein beim
rauchen wenn in meinen lungen luchse fauchen.


aus Nicolai Kobus: Ach Anna
Seufzerkalendarium

Die Preisträger 2003

Lutz Seiler

Lutz Seiler wurde 1963 in Gera/Thüringen geboren, heute lebt er im Peter-Huchel-Haus in Wilhelmshorst bei Berlin. Nach einer Lehre als Baufacharbeiter arbeitete er als Zimmermann und Maurer.


1990 schloß er ein Studium der Germanistik ab, seit 1997 leitet er das Literaturprogramm im Peter-Huchel-Haus.


1995 erschien sein Debüt berührt/geführt im Oberbaum Verlag. Mit pech & blende (2000) legte Lutz Seiler seinen ersten Band im Suhrkamp Verlag vor, der im September 2000 Platz 1 der SWR-Bestenliste belegte. 2003 folgte der Gedichtband vierzig kilometer nacht. Neben Gedichten publizierte Lutz Seiler Essays und arbeitete als Herausgeber.


2004 erschien die Essaysammlung Sonntag dachte ich an Gott.


Für sein Werk erhielt er mehrere Preise, darunter den Kranichsteiner Literaturpreis (1999), den Dresdner Lyrikpreis (2000), den Anna-Seghers-Preis (2002), den Ernst Meister-Preis (2003) und den Bremer Literaturpreis (2004).


Er unternahm Reisen nach Zentralasien, Osteuropa und war Writer in Residence in der Villa Aurora in Los Angeles. Seine Gedichte sind ins Englische, Französische, Holländische, Italienische, Litauische, Schwedische und Slowenische übersetzt.

Ulf Stolterfoht

Geboren 1963 in Stuttgart. Lebt in Berlin. Mit seiner poetischen „Fachsprachen-Forschung“ hat Ulf Stolterfoth schon auf dem 23. Erlanger Poetenfest den Nachweis erbracht, dass experimentelle Lyrik auch unterhaltsam sein kann.


Dieses Jahr ist er in der „Übersetzerwerkstatt“ zu Gast. Im dritten Band seiner lyrischen Fachsprachen-Enzyklopädie nimmt Stolterfoht u.a. Francesco Petrarca und Gertrude Stein auseinander. Angeregt durch seine filigrane Materialarbeit kam Stolterfoht folgerichtig zum Übersetzen. Er stellt in Erlangen sein jüngstes „work in progress“ vor. Nach seinen Petrarca-Anverwandlungen übersetzt er aus dem Amerikanischen Gedichte von J.H. Prynne und „Winning his Way – Wie man seinen Weg gewinnt“ von Gertrude Stein.

(A.LS.)


Auszeichnungen u.a.:

Arbeitsstipendium für Berliner Schriftsteller (1996), Förderpreis zum Hans-Erich-Nossack-Preis, Förderpreis „Das zweite Buch“ der Stiftung Niedersachsen, Förderpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im Bundesverband der deutschen Industrie (2000), Christine-Lavant-Lyrikpreis (2001), Arbeitsstipendium der Berliner Übersetzerwerkstatt (2004).


Veröffentlichungen (Auswahl):

  • „fachsprachen I-IX“, Urs Engeler Editor, Basel/Weil am Rhein 1998
  • „fachsprachen X-XVIII“, Urs Engeler Editor, Basel/Weil am Rhein 2002
  • „fachsprachen XIX-XXVII“, Urs Engeler Editor, Basel/Weil am Rhein 2004

Hendrik Rost

Hendrik Rost, geb. 1969 in Burgsteinfurt, studierte Germanistik und Philosophie in Kiel und Düsseldorf. Er erhielt u. a. den Düsseldorfer Lyrikpreis (1995), den Clemens Brentano-Preis der Stadt Heidelberg (2000) und den Wolfgang-Weyrauch-Förderpreis (2001). Er veröffentlichte die Gedichtbände "vorläufige gegenwart" (1995, Grupello Verlag) und "Fliegende Schatten" (2000, Edition Solitude).

Die Preisträger 2001

Brigitte Oleschinski

Brigitte Oleschinski kam 1955 in Köln zur Welt. Sie studierte Politische Wissenschaft an der Freien Universität Berlin und erforscht als Zeithistorikerin die Entstehung totalitärer Systeme. In diesem Zusammenhang entstand 1994 der von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin herausgegebene Band "Gedenkstätte Plötzensee". Doch sie erforscht nicht nur die Geschichte, sondern schreibt auch Gedichte und Essays.


1995 veröffentlichte Oleschinski in Zusammenarbeit mit Durs Grünbein und Peter Waterhouse den Band "Die Schweizer Korrektur", eine viel beachtete Lyrik-Komposition der drei Autoren. 2002 erschien der Band "Reizstrom in Aspik". Er "hatte etwas von fachgerechter Metzgerei - Schnitte und Überarbeitungen, ein Remixing der ursprünglichen Texte" (Oleschinski). Im Jahre 1998 wurde sie mit dem Peter-Huchel-Preis ausgezeichnet.

Jochen Winter

geb. 1957 in Schwetzingen, lebt seit 1991 als Lyriker und Essayist in Paris und am Cap d’Antifer/Normandie. Von ihm erschienen Aufsätze zum symbolischen Denken in dem Sammelband Die Zeichen der Natur (Frankfurt 1998) sowie die Gedichtbände Die diamantene Stunde (Berlin 1990) und Die Inschrift der Erde (Berlin 1998).

Jürgen Wiersch

geboren 1958 in Bochum, lebt mit Frau und Kind in Dortmund, Theater- und Performance-Projekte: Nausea Theater, Autorensyndikat Vergnügungsbehörde, l' allstars lyrix bänd, Nähe zur Musik: u. a. Dichtung und Blasmusik, zuletzt Die Herzschrittmacher (mit D. Rauschtenberger, Schlagzeug) Odyssee in Lyrix Gedichte, Ernst-Meister-Förderpreis 2001.

Helwig Brunner

Geboren 1967 in Istanbul, aufgewachsen in Graz, abgeschlossene Studien der Musik und Biologie, lebt als Biologe und Autor ebendort. Veröffentlichte v.a. Lyrik in Zeitschriften (u.a.„manuskripte“) und Anthologien, daneben aber auch Kurzprosa, Essays, Rezensionen; erhielt mehrere Preise, zuletzt den Ernst-Meister-Förderungspreis für Lyrik der Stadt Hagen (D) und ist Redakteur der Grazer Literaturzeitschrift „Lichtungen“. Bislang liegen von ihm vier Gedichtbände vor: „Gelebter Granit“ (Göttingen: Graphicum 1991), „Auf der Zunge das Fremde“ (Graz: Leykam 1996), „Gehen, schauen, sagen“ (Graz: Steirische Verlagsgesellschaft 2002) sowie – in der Reihe „Lyrik aus Österreich“, herausgegeben. von Manfred Chobot – „Aufzug oder Treppe“ (Baden: Grasl 2002).


Zahlreiche Beiträge in Literaturzeitschriften (u.a. "manuskripte", "Lichtungen", "schreibkraft"), in regionalen und überregionalen Anthologien und im Rundfunk.


Preise (Auswahl)

  • Forum-Stadtpark-Literaturförderungspreis
  • Literaturförderungspreis der Stadt Graz
  • 1. Preis beim Essay-Wettbewerb der Akademie Graz
  • Ernst-Meister-Förderungspreis für Lyrik der Stadt Hagen

Sabine Scho

Sabine Scho wurde am 1. September 1970 in Ochtrup (Nordrhein-Westfalen) geboren. Sie hat in Münster Germanistik und Philosophie studiert und lebt in Hamburg.


Sabine Scho war 1999 Gast beim steirischen herbst in Graz und beim 1. Internationalen Literaturfestival Bremen (Mai 2000).


Im Jahr 2000 erhielt sie den Förderpreis der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit und 2001 den Ernst-Meister-Förderpreis der Stadt Hagen, den Leonce-und Lena-Preis der Stadt Darmstadt sowie den Förderpreis des Landes NRW. Das unter dem genannten Titel vorliegende Album ist Sabine Schos erster Gedichtband.

Die Preisträger seit 1981

Christoph Meckel - 1981

Christoph Meckel wurde am 12.6.1935 in Berlin geboren, lebt heute in Berlin und Vaucluse, Provence. Nach zahlreichen Reisen durch Deutschland, Europa, Afrika und Amerika studierte er Grafik an der Kunstakademie in Freiburg und München.


Zu seinen Veröffentlichungen zählen verschiedene Radierzyklen sowie zahlreiche Prosa- und Gedichtbücher, u.a. Suchbild – Über meinen Vater (1980), Tunifers Erinnerungen. Souterrain, Gedichte (1984), Komm in das Haus (1998). Heute ist er Mitglied des PEN Zentrums in Deutschland und der Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt.


Auszeichnungen u.a.:

  • Rainer-Maria-Rilke-Preis (1978)
  • Georg-Trakl-Preis (1982)
  • Joseph-Breitbach-Preis (2003)
  • Schiller-Ring der Deutschen Schillerstiftung (2005)

Oskar Pastior - 1986

Geboren 1927 in Hermannstadt (Siebenbürgen); 1945-1949 Deportation in sowjetische Arbeitslager in der Ukraine und im Donbas. Nach der Rückkehr Gelegenheitsarbeiten als Kistennagler und Bautechniker, 1955-1960 Studium der Germanistik in Bukarest, anschließend Redakteur beim Rumänischen Rundfunk. Lebt seit 1969 als freier Schriftsteller in Berlin.


1993 Ernst-Meister-Preis, 1999 Preis für Europäische Literatur (gemeinsam mit Gellu Naum), 2000 Walter-Hasenclever-Preis, 2001 Peter-Huchel-Preis.


Mitglied von "OuLiPo"-Werkstatt für potenzielle Literatur, sowie Ehrendoktor der Lucian-Blaga-Universität Hermannstadt.


Buchveröffentlichungen:

  • Offne Worte, Literatur-Verlag, Bukarest 1964
  • Gedichte, Jugendverlag, Bukarest 1965
  • Vom Sichersten ins Tausendste, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a/M 1969
  • Gedichtgedichte, Luchterhand, Darmstadt 1973
  • Höricht. Sechzig Übertragungen aus einem Frequenzbereich, Klaus Ramm, Lichtenberg 1975
  • Fleischeslust, Klaus Ramm, Lichtenberg 1976
  • An die neue Aubergine. Zeichen und Plunder, Rainer Verlag, Berlin 1976
  • Ein Tangopoem und andere Texte, Literarisches Colloquium Berlin 1978
  • Der krimgotische Fächer. Lieder und Balladen, Verlag Klaus G. Renner, Erlangen 1978 (Verbesserte Neuausgabe 1985)
  • Der krimgotische Fächer, Tonkassette, Edition S Press, München 1979
  • Tango emer denn porren, Tonkassette, Edition S Press, München 1979
  • Wechselbalg. Gedichte 1977-1980, Klaus Ramm, Spenge 1980
  • sonetburger. mit 3 x 14 zeichnungen des autors, Rainer Verlag, Berlin 1983
  • Oskar Pastior/Petrarca: 33 Gedichte, Carl Hanser Verlag, München 1983
  • Anagrammgedichte, Klaus G. Renner, München 1985
  • Lesungen mit Tinnitus. Gedichte 1980-85, Carl Hanser Verlag, München 1986
  • Zonder weerga/Seinesgleichen (zusammen mit Wiel Kusters), Athabasca, Utrecht 1986
  • Jalousien aufgemacht. Ein Lesebuch, Carl Hanser Verlag, München 1987
  • Zwei zur Dritten/Twee tot de derde (zusammen mit Wiel Kusters), Drukkerij Roosbeek, Nuth 1987
  • Vier Scharniere mit Zunge. Renshi-Kettendichtung (mit H.C. Artmann, Makoto Ooka, Shuntaro Tanikawa, unter Mitwirkung der Übersetzer Hiroomi Fukuzawa und Eduard Klopfenstein), Verlag Klaus G. Renner, München 1988
  • Kopfnuß Januskopf. Gedichte in Palindromen, Carl Hanser Verlag, München 1990
  • Neununddreissig Gimpelstifte, Rainer Verlag, Berlin 1990 - Eine Scheibe Dingsbums. Gedichte, mit 10 Zeichnungen des Autors, Ravensburger Taschenbuch, Ravensburg 1990
  • FEIGGEHEGE. Listen Schnüre Häufungen, Literarisches Colloquium (Aufbau Verlag), Berlin 1991
  • Urologe küßt Nabelstrang. Verstreute Anagramme 1979-1989, Maro Verlag, Augsburg 1991
  • Vokalisen & Gimpelstifte, Carl Hanser Verlag, München 1992
  • Oskar Pastior/Georges Perec: LA CLÔTURE/OKULAR IST ENG oder FORTUNAS KIEL, Edition Plasma, Berlin 1992
  • Eine kleine Kunstmaschine. 34 Sestinen, Carl Hanser Verlag, München 1994
  • Das Unding an sich. Frankfurter Vorlesungen, edition Suhrkamp, Frankfurt a/M 1994
  • Das Hören des Genitivs, Gedichte, Carl Hanser Verlag, München 1997
  • Gimpelschneise in die Winterreise-Texte von Wilhelm Müller, Buch mit CD, Urs Engeler Editor, Basel/Weil am Rhein/Wien 1997
  • Villanella und Pantum, Gedichte, Carl Hanser Verlag, München 2000
  • ügel beg und ügel tal. Gedichte 1967-1997 Album, CD-Audio 73 Minuten, Urs Engeler Editor, Basel/Weil am Rhein/Wien 2002
  • o du roher iasmin. Gedichte zu Charles Baudelaire, Buch mit CD, Urs Engeler Editor, Basel/Weil am Rhein/Wien 2002

Übersetzungen

  • Urmuz: Das gesamte Werk, Edition Text Kritik, München 1976
  • Tristan Tzara: Die frühen Gedichte, Edition Text Kritik, München 1984
  • Velimir Chlebnikov: Werke. Poesie Prosa Schriften Briefe, herausgegeben von Peter Urban, Rowohlt Verlag, Reinbek 1985 (enthält u.a. 27 von Oskar Pastior übertragene Gedichte)
  • Marin Sorescu: Der Fakir als Anfänger, Carl Hanser Verlag, München 1992
  • Gellu Naum: Black Box (übertragen zusammen mit Georg Aescht), Wieser Verlag, Klagenfurt/Salzburg 1993
  • Gertrude Stein: Spinnwebzeit Bee Time Vine und andere Gedichte, Arche Verlag, Zürich 1993 (darin mehrere Übertragungen von Oskar Pastior)
  • Mein Chlebnikov. Gedichte und Texte von Velimir Chlebnikov, übertragen und gelesen von Oskar Pastior (Compact Disc), Gertraud Scholz Verlag, Obermichelbach 1994.

Paul Wühr - 1990

wurde 1927 in München geboren und lebt seit 1986 in Passignano sul Trasimeno (Umbrien). Das AUTORPORTRAIT führt in Leben und Werk ein. Im Raum der SCHREIBTISCHE finden Sie exemplarische Texte zu Poetologie und Einzelaspekten des Werks. Der SPIELPLATZ bietet die Möglichkeit poetischer Auseinandersetzung, Transformation und Erweiterung. Über die Anmeldung von Beiträgen zu den einzelnen Räumen würden wir uns freuen. Neben der Arbeit des FREUNDESKREISES eröffnet unser Projekt eine weitere Möglichkeit, Paul Wührs Poesie zu erkunden und sich als Schreiber und Leser zu äussern.


Publikationen

  • 1970 Gegenmünchen (München: Hanser Verlag)
  • 1973 Spricht unsereiner. Ein Originaltext-Buch (München: Hanser Verlag)
  • 1976 Grüss Gott ihr Mütter ihr Väter ihr Töchter ihr Söhne.Gedichte (München: Hanser Verlag)
  • 1979 Rede. Ein Gedicht (München: Hanser Verlag)
  • 1983 Das falsche Buch (München: Hanser Verlag; Taschenbuchausgabe: Fischer Band 5944, Frankfurt 1985)
  • 1987 Es war nicht so (München: Renner Verlag)
  • 1987 Soundseeing München Metropolis. Kassette (München: Peter Kirchheim Verlag)

HÖRSPIELE

  1. Hörspiele 1963-68
    • 1963 Das Experiment (Westdeutscher Fundfunk)
    • 1964 Wer kann mir sagen, wer Sheila ist? (Westdeutscher Fundfunk)
    • 1964 Die Rechnung (Westdeutscher Fundfunk)
    • 1965 Gott heisst Simon Cumascach (Westdeutscher Fundfunk)
    • 1966 Die Hochzeit verlassen (Westdeutscher Fundfunk)
    • 1967 Wenn Florich mit Schachter spricht (Westdeutscher Fundfunk)
    • 1968 Fensterstürze (Westdeutscher Fundfunk)
  2. Original-Ton-Hörspiele 1971.87
    • 1971 Preislied (Bayerischer Rundfunk; Norddeutscher Rundfunk)
    • 1972 Trip Null (Bayerischer Rundfunk; Norddeutscher Rundfunk)
    • 1973 Verirrhaus (Bayerischer Rundfunk )
    • 1976 Viel Glück (Bayerischer Rundfunk )
    • 1986 Soundseeing Metroöolis München (Westdeutscher Rundfunk)
    • 1987 Thisbe und Thisbe (Norddeutscher Rundfunk)


Preise

  • 1971 Hörspilepreis der Kriegsblinden
  • 1976 Ludwig-Thoma-Medaille
  • 1977 Literatur-Förderpreis München
  • 1983 Bremer Literaturpreis

Michael Krüger - 1994

wurde am 9. Dezember 1943 in Wittgendorf/Kreis Zeitz geboren. Nach dem Abitur an einem Berliner Gymnasium absolvierte er eine Verlagsbuchhändler- und Buchdruckerlehre. Daneben besuchte er Veranstaltungen der Philosophischen Fakultät als Gasthörer an der Freien Universität Berlin. In den Jahren von 1962-1965 lebte Michael Krüger als Buchhändler in London. 1966 begann seine Tätigkeit als Literaturkritiker. Zwei Jahre später, 1968, übernahm er die Aufgabe des Verlagslektors im Carl Hanser Verlag, dessen Leitung er im Jahre 1986 übernommen hat. Seit 1981 ist er Herausgeber der Literaturzeitschrift Akzente.


Im Jahr 1972 veröffentlichte Michael Krüger erstmals seine Gedichte, und 1984 debütierte er als Erzähler mit dem Band Was tun? Eine altmodische Geschichte. Es folgten weitere zahlreiche Erzählbände, Romane, Editionen und Übersetzungen. Die Cellospielerin ist sein erster Roman im Suhrkamp Verlag.


Michael Krüger lebt in München.


Auszeichnungen:

  • 1974 Förderpreis für Literatur der Landeshauptstadt München
  • 1976 Förderpreis für Literatur im Bundesverband der deutschen Industrie
  • 1982 Bayerischer Förderpreis für Literatur / Stipendium der Villa Massimo
  • 1983 Tukan-Preis
  • 1986 Peter-Huchel-Preis
  • 1991 Wilhelm-Hausenstein-Medaille
  • 1994 Ernst-Meister-Preis
  • 1996 Prix Medicis Etranger
  • 2000 Ehrenpreis der Stadt München
  • 2004 Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste

Mitglied in folgenden Akademien:

  • Bayerische Akademie der Schönen Künste in München
  • Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt
  • Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz
  • Akademie der Künste in Berlin

Standort & Erreichbarkeit

Kulturbüro Hagen

Fachbereich Bildung


Museumsplatz 3
58095 Hagen

Formulare