Ludwig von Vincke - Idealist und Freiherr
Ob durch die Altenhagener Vinckestraße oder die Grundschule Vincke, der Name Ludwig von Vincke ist wohl allen Hagener Mitbürgerinnen und Mitbürgern ein Begriff. Doch viel zu schnell gerät das Lebenswerk des aus Minden stammenden Idealisten und Freiherrn in Vergessenheit, obschon er sich gerade um den westfälischen Raum mehr als verdient gemacht hat.
Seinem zeitlebens sorgfältig geführten Tagebuch vertraute er es schon im zarten Schüleralter an, dass er seinem "Vaterland" dienen wolle. Jedoch nicht als Soldat oder Politiker, sondern als Verwaltungsbeamter beabsichtigte er, die Geschicke seines Landes entscheidend mitzugestalten. Patriot durch und durch, setzte er sein Ansinnen schnell durch.
1795, in Alter von 22 Jahren, trat Vincke nach juristischem und staatswissenschaftlichem Studium in den Staatsdienst ein, um bereits ein Jahr später in seiner Heimatstadt als Landrat zu fungieren.
Die Hochbegabung und der Fleiß auf der einen, der ehrliche Einsatz für Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Industrie auf der anderen Seite brachte ihm rasch standesübergreifenden Respekt ein.
Mentor und Ziehvater des Freiherr v. Stein, seines Zeichens Oberpräsident der westlichen Besitzungen Preußens, legte einige Zeit später dem König nahe, dem nun schon im staatlichen Auftrag nach England, Spanien und Frankreich gereisten Vincke als Kammer-Präsident für das damals preußische Ostfriesland einzusetzten, was kurze Zeit später auch geschah.
Doch die politischen Ereignisse überschlugen sich. 1805 besetzten französische Truppen Hannover und Kleve, ein Jahr später hatte Napoleon ganz Preußen und Österreich besiegt. Vincke, vor der französischen Invasion bereits Präsident der Kammern von Münster und Hamm, verlor auf französischer Weisung hin sein Amt.
Alle Versuche des 32-jährigen, England gegen die napoleonischen Aggressoren aufzulehnen, missglückten. Vincke zog sich in sein Privatleben zurück und vermählte sich 1810 mit der Hagenerin Eleonore von Syberg im heimischen Haus Busch. Aus der glücklichen Ehe gingen mehrere Kinder hervor.
Doch das Jahr 1813 brachte den großen Umschwung. Nach Napoleons Untergang war ganz Europa in Aufruhr und der zuvor noch von den Franzosen verhaftete Vincke kehrte nach Westfalen zurück.
In November des Jahres übernahm er auf Veranlassung des mit ihm befreundeten Blüchers, mit dem Amt des Zivil-Gouverneurs, die ersten erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen des Landes. Auf Order des Königs regelte er die westlichen preußischen Besitzungen neu und 1815 wurde sein ordentliches und gerechtes Arbeiten durch ein neues Amt honoriert: Vincke durfte sich ab sofort Oberpräsident der neustrukturierten Provinz Westfalen nennen.
30 Jahre lang setzte sich der Freiherr in dieser Stellung segensreich für die hiesige Region ein. Sein Hauptaugenmerk legte er vor allem auf die gewerbliche Wirtschaft und dem Vorantreiben des industriellen Zeitalters, ohne jedoch die Landwirtschaft zu vernachlässigen. Er ließ Straßen bauen und machte die Ruhr und Lippe schiffbar. Wenn nicht bereits geschehen, machte der sich spätestens, als Begründer des größten Binnenhafen Europas Duisburg-Ruhrort, überregional einen Namen.
Darüberhinaus war es dem Menschenfreund sein ganzes Leben lang ein Anliegen, soziale Gerechtigkeit zu üben. Die "Provinzialstände für Westfalen", die den Adel über Gebühr bevorzugten, bekrittelte er zutiefst.
Im Alter von 70 Jahren verstarb Ludwig von Vincke plötzlich. Bis zuletzt stand er im Dienste seines Landes. Der Ort seiner Vermählung, das Haus Busch, dient ihm bis heute als letzte Ruhestädte.